Indonesien: ASEANs Stärkste Wirtschaft und Zukunftsmarkt für deutsche KMUs?

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Indonesien ist der größte ASEAN-Staat und hat großes Potential zu einer der größten Volkswirtschaften der Welt aufzusteigen. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres, exportierte Deutschland 1,3 Milliarden Euro nach Indonesien, eine Steigerung von 33% zum Vorjahr, und erreicht damit wieder Vorkrisenniveau. Vor allem der Verkauf und Export von deutschen Maschinen, Elektronik, Elektrotechnik oder Mess- und Regeltechnik stößt in Indonesien auf einen regen Markt.

Einige große deutsche Player haben bereits Büros und Produktionsanlagen in Indonesien eröffnet. Adidas, Airbus, BASF, Bayer, BMW, Daimler, Bosch, Siemens und ThyssenKrupp gehören zu den bekanntesten deutschen Unternehmen mit einer Geschäftspräsenz in Indonesien. Einige weitere Unternehmen haben kürzlich ihre Geschäftstätigkeiten in Indonesien begonnen oder sind kurz davor diese zu beginnen. Deutsche Unternehmen werden insbesondere von den Sonderwirtschaftszonen Indonesiens angezogen, welche die perfekte Infrastruktur für die Errichtung einer Geschäftspräsenz für ausländische Investoren in Indonesien bieten.

Doch vielen KMUs und Neueinsteigern in diesen Markt, fehlt es noch an Marktverständnis für Indonesien. Deswegen holen wir in diesem Artikel ein wenig weiter aus. Wir gehen auf einige interessante Sektoren ein, die vor Kurzem für ausländische Investoren geöffnet wurden, und bieten einige Einblicke in die Besonderheiten des Marktes, wie z.B. dem Halal-Zertifikat für bestimmte Produkte.

Ein kurzer Überblick der Situation in Indonesien

Nach der Erlangung der Unabhängigkeit im Jahr 1945 erlebte Indonesien in den 1970er Jahren aufgrund der starken Ölexporte eine rasche Industrialisierung, bevor in den späten 1980er Jahren die arbeitsintensiven Industrien zum neuen Wachstumsmotor wurden. Dieses Wirtschaftswachstum kam mit dem Ausbruch der asiatischen Finanzkrise 1997-1998 plötzlich zum Stillstand. Seit der Krise hat das Land eine solide Finanzpolitik und politische Reformen durchgeführt, die die Staatsverschuldung verringert und das Investitionsklima verbessert haben.

Die Regierung hat sich verpflichtet, weiterhin eine umsichtige makroökonomische Politik und Strukturreformen durchzuführen, und hat im Oktober 2020 das Gesetz zur Schaffung von Arbeitsplätzen, auch bekannt als Omnibusgesetz, erlassen. Das Omnibusgesetz änderte rund 75 geltende Gesetze und soll in- und ausländische Investitionen durch die Beseitigung bürokratischer Ineffizienzen, die Vereinfachung der Zulassungsanforderungen für Unternehmen und die Liberalisierung weiterer Branchen anregen.

Indonesiens Investitionsprognose 

Indonesiens schnell wachsende Mittelklasse repräsentiert einen riesigen Abnehmermarkt für deutsche Produkte. Ein steigendes verfügbares Einkommen ließ deutsche Produkte in den letzten Jahren erschwinglicher werden. Zurzeit repräsentieren Lebensmittel noch das größte Segment deutscher Exporte. Mit stabilen Wachstumsprognosen von etwa 5.2 Prozent in 2022 bietet Indonesien großartige Chancen für deutsche Exporteure.

Mit seinem großen und günstigen Arbeitsmarkt ist das Land auch ein idealer Standort zur Errichtung von Produktionsanlagen. Außerdem machen lokale Ressourcen die Produktion unabhängiger von globalen Entwicklungen. Ein wachsender Binnenmarkt und der strategische Standort in Asien stellen weitere Vorzüge des Landes dar.

Mit dem wachsenden Lebensstandard wachsen auch die Ausgaben der indonesischen Bevölkerung für die Gesundheitsversorgung. Insbesondere deutsche Hightech-Produkte sind sehr gefragt und öffnen in einem der größten und schnellst wachsenden Gesundheitsmärkten Asiens große Chancen für die deutschen Produzenten.

Mit einem jährlichen Wachstum von über 5 Prozent bietet auch der Automobilsektor immense Möglichkeiten. Obwohl der Markt von japanischen Automobilherstellern dominiert wird, welche kleine, umweltfreundliche und damit geringer versteuerte Automobile verkaufen, bietet das steigende verfügbare Einkommen Chancen für deutsche Automobilhersteller.

Auch der Konstruktionssektor bietet deutschen Investoren gewisse Chancen. Mit einem jährlichen Wachstum von über 10 Prozent in den letzten zehn Jahren repräsentiert er einen wichtigen Markt für deutsche Investitionen. Die Infrastruktur des Landes, vor allem mit den Plänen der Errichtung der neuen Hauptstadt Nusantara auf Borneo, ist stark von ausländischen Maschinen und Investitionen abhängig, um diesen Entwicklungstrend zu unterstützen.

Da die lokale Industrie nicht in der Lage ist komplexe Energieprojekte umzusetzen, baut der Energiesektor größtenteils auf ausländischen Investitionen und ausländischem Equipment auf. Auch dieser Sektor bietet Möglichkeiten für deutsche Investitionen.

Die meisten Maschinen in Indonesien sind importiert. Das kürzlich erlassene Verbot, unbehandelte Ressourcen zu exportieren, bietet Chancen für große Schwerindustrieprojekte, welche zu großen Teilen von ausländischem Know-how, wie der deutschen Technologie, abhängig sein werden.

In Welchen Sektoren Kann Man Als Ausländisches Unternehmen Investieren?

Die Präsidialverordnung 10/2021, eine Durchführungsverordnung zum Omnibus-Gesetz, welches viele Geschäftsbereiche für ausländische Investitionen liberalisiert. Die als Positivliste bezeichnete Verordnung liberalisiert über 245 Geschäftsbereiche, darunter wichtige Sektoren wie Transport, Energie und Telekommunikation.

Das allgemeine Prinzip der Positivliste besagt, dass ein Wirtschaftszweig zu 100 Prozent für ausländische Investitionen offen ist, sofern er nicht einer bestimmten Art von Beschränkung unterliegt. Die Verordnung stellt eine der größten Liberalisierungen der Beschränkungen für ausländisches Eigentum in Indonesien dar, seit die Negativliste für Investitionen in den 1980er Jahren eingeführt wurde.

Die folgenden Geschäftsfelder sind zu 100 Prozent für ausländische Investitionen zugänglich.

  • Öl- und Gasbau;
  • Onshore-Ölförderanlagen;
  • Onshore- und Offshore-Verteilungspipelines;
  • Onshore- und Offshore-Öl- und Gasbohrungen;
  • Wartung von Öl- und Gasquellen;
  • Elektrizitätserzeugung;
  • Bau von Elektrizitätsanlagen;
  • Geothermische Stromerzeugung;
  • Supermärkte (mit einer Fläche von weniger als 1.200 Quadratmetern);
  • Kaufhäuser (mit einer Fläche zwischen 400 und 2.000 qm);
  • Häfen;
  • Flughafen und flughafenbezogene Dienstleistungen;
  • Frachtumschlag im Seeverkehr;
  • Telekommunikation;
  • Elektronischer Handel;
  • Pharmazeutische Industrie; und
  • Krankenhäuser.

Ausländische Investmentgesellschaften im Einzelhandelssektor

In der Vergangenheit galten im Einzelhandel Beschränkungen für ausländische Investitionen, insbesondere für Kaufhäuser und Selbstbedienungsläden. Supermärkte mit einer Fläche von weniger als 1.200 m² und Kaufhäuser mit einer Fläche zwischen 400 m² und 2.000 m² durften nur zu 67 % in ausländischem Besitz sein.

Diese Bedingungen werden nicht mehr beibehalten, aber bestimmte Bedingungen wie die, dass die Mindestfläche eines Kaufhauses 400 m² betragen muss, werden beibehalten. Darüber hinaus sind Lebensmittelgeschäfte in Form von Warenhäusern für ausländische Investitionen offen, wenn sie sich in einem Einkaufszentrum befinden. Der Besitz von Warenhäusern, die nicht in Einkaufszentren liegen oder in diese integriert sind, ist auf lokale Unternehmen beschränkt.

Verwendung der indonesischen Sprache (Bahasa Indonesia) für die Etikettierung

Alle Produkte, die auf dem inländischen Markt verkauft werden, müssen in indonesischer Sprache gekennzeichnet werden. Ausgenommen von der Verwendung von Etiketten in indonesischer Sprache sind Waren, die von Kleinst- und Kleinunternehmen hergestellt werden, oder Massenware, die direkt an die Verbraucher verkauft wird.

Das Etikett muss Informationen über die Herkunft der Waren sowie den Namen und die Anschrift des Unternehmens/Unternehmers enthalten. Unternehmer, die einen externen Verpackungsdienst in Anspruch nehmen, müssen den Namen und die Anschrift des Verpackungsdienstes auf ihren Waren angeben.

Liberalisierung des Gesundheitssektors

Der indonesische Krankenhaussektor ist dank des Omnibus-Gesetzes nun zu 100 Prozent für ausländische Investitionen geöffnet. Die Durchführungsverordnung “Government Regulation 47 of 2021” (GR 47/2021) reduziert die Anzahl der Betten für Krankenhäuser in ausländischem Direktbesitz und verpflichtet alle Krankenhäuser, unterstützende Dienstleistungen wie Labor-, Blut- und Ernährungsdienste anzubieten.

Aufgrund der mangelnden Infrastruktur und Finanzierung des indonesischen Gesundheitssystems reisen viele Indonesier zur medizinischen Behandlung ins Ausland, insbesondere nach Singapur und Malaysia, aber auch nach Europa, insbesondere nach Großbritannien, in die Schweiz, und nach Frankreich und Deutschland. Die gesamten direkten und indirekten Kosten, die mit diesem medizinischen Auslandstourismus verbunden sind, werden auf über 6 Milliarden US-Dollar jährlich geschätzt. Mit dem Ausbruch der Pandemie und den anschließenden Reisebeschränkungen waren die Indonesier jedoch gezwungen, sich an einheimische Krankenhäuser zu wenden, und so hat die Regierung versucht, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verbessern, um mehr Investitionen anzuziehen und die Aussichten und das Dienstleistungspotenzial der Branche zu verbessern.

Indonesien hat mit 388.105 Betten oder 1,49 Betten pro tausend Einwohner eine der niedrigsten Krankenhausbettenrate in ASEAN. Die niedrige Bettenzahl spiegelt die Chance für ausländische Investoren wider, diese Lücke zu schließen, insbesondere in Städten der zweiten Reihe wie Bandung und Surabaya.

Langfristig wird erwartet, dass die indonesische Gesundheitsbranche weiterwachsen wird, da die Ausweitung der Mittelschicht des Landes und die allgemeine Gesundheitsversorgung die Nachfrage ankurbeln. Indonesien verfügt über das weltweit größte universelle Gesundheitsprogramm, das mehr als 200 Millionen Menschen abdeckt. Diejenigen, die in diesem Programm registriert sind, können kostenlose Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen, die von zahnärztlichen Untersuchungen bis hin zu Organtransplantationen reichen.

Umsetzung von Sonderwirtschaftszonen

Indonesien unterhält etwa 19 Sonderwirtschaftszonen (SWZ), von denen 14 in Betrieb sind. Zusammengenommen würden sie eine der größten ausschließlichen Wirtschaftszonen der Welt bilden (mit einer Fläche von 6 Millionen km2). Die indonesische Regierung hat sich verpflichtet, die Sonderwirtschaftszonen zu einer politischen Priorität zu machen, um ausländische Investitionen anzuziehen, die industrielle Tätigkeit anzukurbeln und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern. Darüber hinaus sind diese Sonderwirtschaftszonen über den gesamten Archipel verteilt, um regionale Ungleichgewichte in der wirtschaftlichen Entwicklung auszugleichen. Auf der Insel Java zum Beispiel leben 60 Prozent der Bevölkerung – sie ist damit die bevölkerungsreichste Insel der Welt – und 58 Prozent des gesamten BIP.

Halal-Zertifizierung

Das neue indonesische Gesetz zur Halal-Zertifizierung gemäß der Regierungsverordnung 39 von 2021 (GR 39/2021) wird sich auf Unternehmen in den meisten Branchen auswirken. GR 39/2021 besagt, dass Produkte, die in Indonesien eingeführt, in Umlauf gebracht und gehandelt werden, Halal-zertifiziert sein müssen, sofern sie nicht aus Materialien stammen, die nach dem Islam verboten sind (Haram).

Gemäß GR 39/2021 erstreckt sich die Bewertung für die Halal-Zertifizierung auf Halal-basierte Materialien und den Halal-basierten Produktionsprozess, der die Lagerung, die Verpackung, die Auslage und den Verkauf von Produkten umfasst. Als bevölkerungsreichstes muslimisches Land der Welt ist Indonesien auch der größte Halal-Markt der Welt, insbesondere in den Bereichen Lebensmittel, Tourismus, Kosmetik und Pharmazie. Vor der Pandemie beliefen sich die weltweiten Ausgaben für Halal-Produkte auf über 2 Billionen US-Dollar, wobei die indonesischen Verbraucher etwa 10 Prozent oder über 200 Milliarden US-Dollar davon für Halal-Produkte und -Dienstleistungen ausgaben.

GR 39/2021 hebt die vorherige Verordnung der Regierung (GR31/2019) über die Halal-Zertifizierung auf.

Welche Produkte und Dienstleistungen in Indonesien müssen Halal-zertifiziert sein?

Die folgenden Waren und Dienstleistungen müssen Halal-zertifiziert sein:

  • Lebensmittel und Getränke;
  • Pharmazeutische Produkte;
  • Kosmetika;
  • Chemische Produkte;
  • Genetisch veränderte Produkte;
  • Biologische Produkte; und
  • Andere Güter, die Menschen nutzen.
  • Dienstleistungen
  • Verarbeitung;
  • Lagerung;
  • Verpacken;
  • Vertrieb;
  • Schlachtung von Tieren

Risikoanalyse und Fazit

Indonesien bietet zwar ein großes Potential aber auch gewisse Risiken. Nichttarifäre Handelshemmnisse schränken Investitionen und Handel weiter ein. Importregulationen unterlaufen ständigen Änderungen. Auch Korruption stellt in Indonesien ein Risiko dar. In dem 2021 Corruption Perception Index rangierte Indonesien auf Platz 96 von 180 Ländern. Auch die relativ unqualifizierte Arbeitskraft präsentiert eine weitere Hürde für Investitionen in Indonesien.

Dennoch überwiegen die Möglichkeiten und das Marktpotential für viele ausländische Investoren. In den letzten zwei Jahren, trotz der Pandemie und den Reisebeschränkungen, haben wir viele ausländische KMUs dabei unterstützt, in Indonesien Fuß zu fassen. Darunter zählen wir sämtliche Marktanalysen, Firmengründungen und den Aufbau von Produktionsstätten.

Unser Büro in Jakarta deckt FDI-Projekte im ganzen Land ab. Auch unser Büro in Batam, einer Insel nur 40 Minuten mit der Fähre von Singapur entfernt, hat im letzten Jahr mehreren ausländischen Unternehmen dabei geholfen, ihre Outsourcing Center zu eröffnen. Der Standort der Insel ist ideal für gewisse Dienstleistungen wie IT-Services oder Buchhaltung für Unternehmen mit einem regionalen Sitz in Singapur.