Singapur überholt Hong Kong als Asiens wichtigstes Finanzzentrum

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Singapore-VS-Hong-KongLaut dem Global Financial Centers Index (GFCI) der Z/Yen Group gelang es Singapur, Hong Kong zu überholen und zu Asiens wichtigstem Finanzzentrum zu werden. Hong Kong fiel auf den vierten Platz zurück, während Singapur zurzeit weltweit nur hinter London und New York liegt. Obwohl die beiden Finanzzentren im Wesentlichen gleich stark sind – Singapur hat 755 von 1000 Punkte und Hong Kong hat 752 – weist diese Änderung auf die deutlich optimistische Entwicklung von Singapur hin und dagegen auf die Unsicherheit gegenüber Hong Kong.

Wettbewerbsfähigkeit

Die Untersuchungsergebnisse von GFCI spiegeln verschiedene Indikatoren zur Bestimmung der Wettbewerbsfähigkeit wider, einschließlich Geschäftsumfeld, Finanzsektorentwicklung, Infrastruktur, Qualität der Arbeitskräfte und Regelungen. Sowohl Singapur als auch Hong Kong verfügen über ein Niedrigsteuerumfeld mit starkem Schutz des geistigen Eigentums, ordnungsgemäßer Vertragsdurchsetzung, Streitschlichtungsverfahren und fördern schnelle und einfache Unternehmensgründungen. Da die beiden früher unter der britischen Kolonialherrschaft lagen, sind ihre rechtlichen Systeme für westliche Investoren vertraut und effektiv.

Während die „Leichtigkeit der Geschäftstätigkeit” oft als ein Euphemismus für die begrenzte Regierungstätigkeit und staatliche Intervention zu sehen ist, tragen wirksame Regelungen und staatliche Förderungen in der Tat zu dem hohen Aussehen eines Landes bei.

Obwohl Singapur und Hong Kong in vielen Bereichen vergleichbar miteinander sind, hat jedes Land seine eigenen Stärke und Schwächen. Singapur – ein mehrsprachiger Staat, in dem Englisch neben Mandarin als Verkehrssprache benutzt wird, hat eine deutliche Kommunikationsvorteile gegenüber Hong Kong mit Kantonesisch als Hauptsprache.

Laut einer Studie von Dell ist Singapur die drittgrößte innovative und zukunftsfähige Volkswirtschaft der Welt, die Menschen und Unternehmen unterstützt, Veränderungen voranzutreiben, die qualitative Infrastruktur zur Verfügung stellt, und Innovation, Wachstum und Rentabilität fördert. Im Gegensatz dazu nimmt Hong Kong in dieser Angelegenheit den 25. Platz ein. Dass Singapur seit mehr als einem Jahrzent an der Spitze der Liste für die Leichtigkeit der Geschäftstätigkeit (Ease of Doing Business) der Weltbank steht, deutet auf das einladende Umfeld des Landes für Firmengründung und Geschäftsführung.

Während Singapur in vielen Indikatoren bezüglich Infrastruktur, Humankapital und Geschäftsumfeld führend bleibt, ist Hong Kong für die reinen Finanzdienstleistungen und Größe bekannt. Hong Kong hat 1.883 börsennotierte Unternehmen gegenüber 769 in Singapur. Im Juni 2015 belief sich der durchschnittliche Tagesumsatz auf dem Wertpapiermarkt Hong Kongs auf 18.42 Mrd. USD, viel geringer als der Vergleichswert von Singapur, 796 Mio. USD. Ebenso besitzt die Fondsverwaltungsbranche Hong Kongs im Jahr 2014 Vermögenswerte von 2,3 Bio. USD gegenüber 1,75 Bio. USD in Singapur.

Obwohl Singapur bei Innovationen führend ist, ist Hong Kong besser fähig, neue Möglichkeiten zu nutzen und besonders stark in Dividendenpapiere und Börseneinführung. Obwohl Singapur für sein unternehmensfreundliches Umfeld bekannt ist, zeigt sich Hong Kong ebenso wettbewerbsfähig und übertrifft sogar seinen südostasiatischen Wettbewerber in einigen Aspekten. Beispielweise müssen Unternehmen in Singapur mindestens einen Geschäftsführer haben, der in Singapur ansässig ist, während Hong Kong keine Beschränkungen dafür auferlegt.

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Singapur und Hong Kong als regionale Basis

Mit Fähigkeiten zum Ausbau der effizienten Geschäftsbetriebe und robusten Finanzdienstleistungen sind Singapur und Hong Kong als Finanzzentren aus eigener Kraft weltweit wettbewerbsfähig. Doch was macht sie besonders einzigartig, ist ihr Potenzial, als Einstiegspunkte für ausländische Investoren beim Zugang zu den Nachbarregionen, und zwar aufgrund Singapurs ASEAN-Mitgliedschaft und Hong Kongs Status als Sonderverwaltungsregion Chinas.

Hong Kong

Hong Kong spielt seit langem die Rolle als Plattform für den Zugang zu dem restriktiveren und undurchsichtigeren chinesischen Festland, was viele einzigartige Vorteile wie sonst nirgendwo anbietet. Die exklusive Beziehung ermöglicht es manchen ausländischen Investoren, einfacher ein eigenständiges Tochterunternehmen (WFOE) zu gründen, RMB im Ausland umzurechnen, kostengünstiger Geld ins Ausland zu überweisen und noch weitere Vorteile. Da China die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist, bestehen mehr Geschäftsmöglichkeiten in Hong Kong als in Singapur und Fusionen und Übernahmen sind zunehmend auf China fokussiert.

Obwohl Hong Kong weiterhin bevorzugte Politik im Umgang mit China genießt, gibt es bereits Signale, dass solche Vorteile langfristig abgebaut werden. Das Festland ist schrittweise liberalisiert und entwickelt seine umfassend freie Marktwirtschaft, während es gleichzeitig mehr Einflüsse auf Hong Kongs innenpolitischen Prozess ausübt. Zusammengenommen scheint Hong Kong seine einzigartige Stellung zu China zu verlieren.

Zum Beispiel ging Hong Kongs Anteil am gesamten Frachtvolumen von Südchina von mehr als 70 Prozent im Jahr 2001 auf 40 Prozent im Jahr 2015 zurück, weil Häfen wie z.B. Shenzhen ihre Politik für ausländische Unternehmen mehr liberalisieren und moderne Infrastruktur aufbauen. In ähnlicher Weise reduziert die Herausbildung der vollständigen Konvertibilität des RMB die Wettbewerbsvorteile von Hong Kong.

Neben dem Verlust der bevorzugten Anreize steht Hong Kong auch vor der steigenden Instabilität und vor Eingriffen der chinesischen Regierung. Im Jahr 2014 versammelten sich hunderttausende Menschen für die monatelangen Proteste „Occupy Central”, die sich für breitere Demokratisierung und Unabhängigkeit von Pekings Einmischungsversuch einsetzten. Vorfälle wie die offensichtliche Entführung der Buchhändler und eines chinesischen Dokuments, das Hong Kongs Richter zu mehr „Patriotismus“ aufrief, bringen Bedenken hinsichtlich der Neutralität der Region.

NGOs wie Freedom House bestätigen diese Befürchtungen und verzeichnen einen mehrjährigen Trend rückläufiger Freiheiten und Bürgerrechte, obwohl die Region nach den meisten Indikatoren weitaus freier ist als Singapur. Allerdings bietet Singapur wohl die höhere Stabilität und Vorhersehbarkeit.

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Singapur

Als Mitglied des ASEAN-Raums profitiert Singapur von Vorzugspolitiken bei Investitionen und Geschäftstätigkeiten in den anderen neun Mitgliedstaaten. Die ASEAN-Wirtschaftsgemeinschaft (AEC) zielt darauf ab, alle Zollsätze zwischen den ASEAN-Mitgliedern zu beseitigen, die regulatorischen Standards zu harmonisieren und die Bildung eines einzigen integrierten Marktes zu fördern. Mit einem rasanten Wachstum in einigen ASEAN-Ländern, niedrigen Arbeitskosten, verbesserter Infrastruktur und einer wachsenden Verbraucherschicht sind die langfristigen Perspektiven für die Region vielversprechend. Da die Arbeitskosten in China steigen und sein Wachstum verlangsamt, gelten ASEAN-Staaten wie Vietnam vermehrt als gute kostengünstige Alternativen für ausländische Investitionen.

Allerdings bestehen große Unterschiede im Entwicklungsstand der ASEAN-Mitglieder. Die weniger entwickelten Länder wie Laos und Myanmar erbieten sich als potenzielle Schwellenländer, werden aber von unvorhersehbaren Regierungen geplagt, und auch die ziemlich entwickelten Mitglieder wie Thailand erleben weiterhin erhebliche politische Volatilität. Singapur zeichnet sich durch seine einzigartige Stabilität und sein transparentes Geschäftsklima unter den ASEAN-Mitgliedstaaten besonders aus.

Der Stadtstaat hat auch bevorzugte Handelsabkommen mit 61 Ländern gegenüber sechs die Hongkong vorzeigen kann. Darüber hinaus hat das Land eine enge Beziehung zu Indien aufgrund seiner beträchtlichen Bevölkerung vom Subkontinent. Singapurs stabiles, internationales und niedriges Steuerumfeld macht es zu einer attraktiven und immer wichtigeren Option für ausländische Investoren, welche die faszinierende, aber manchmal verunsicherte Region von ASEAN erkunden möchten.

Schlussfolgerungen

Obwohl einige Berichte Singapurs zunehmende Attraktivität als Finanzzentrum zeigen und Hongkongs im Rückgang sehen, sind beides führende Ziele, die sich in vielerlei Hinsicht gegenseitig ergänzen. Singapur verfügt über eine angenehme Gründungs- und Betriebsumgebung und fördert den Zugang zu der aufstrebenden ASEAN-Region mit bedeutenden internationalen Verbindungen. Hongkong bietet aufgrund seiner Beziehung zu China wertvolle Finanzdienstleistungen und umfassende Geschäftsmöglichkeiten. Trotz des voraussichtlich langfristigen Verlusts von besonderen Privilegien, da Festlandrivalen bzw. Finanzzentren wie Shanghai und Shenzhen leichter international zugänglich sind, bleibt Hong Kong trotzdem unvergleichlich in seinem günstigen Zugang zu China. Beim Aufstieg in Asien ist die Berücksichtigung von Besteuerung, Marktzugang, internationalen Verbindungen, Arbeitskosten, Branchenschwerpunkte und anderen Faktoren von entscheidender Bedeutung, um eine optimale Einstiegsstrategie zu entwickeln, die für bestimmte Ziele und Prioritäten der Investoren geeignet ist.

 

 

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Fabian Knopf, Senior Associate, Head of German Desk, Dezan Shira & Associates Fabian.Knopf@dezshira.com

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